Trotz erfolgreichem Einstieg in die Welt der Klettersteige vor knapp zehn Tagen (Via Ferrata du Belvédère) bereitete mir Klaus’ Vorschlag, als nächstes doch die Fürenwand zu durchsteigen, ein gefühlsmässiges Wechselbad zwischen Freude und Bedenken. Nein, Schiss hatte ich nicht, aber Respekt und ich vertraute dem Urteil meines Mentors, der mir das «Monster» zutraute.
Man lässt ja einen Fussballer, der gerade mal ein Probetraining absolviert hat, nicht mit der ersten Wahl in der Champions League auflaufen. Mit 520 Höhenmetern ist die Fürenwand 300 Meter höher als der Klettersteig im Wallis und hat als Besonderheit im Schlussteil eine vor dem Fels aufgehängte und nur locker abgespannte, fast 20 Meter lange Strickleiter. Das kann ja heiter werden… Aber was mir der Klettersteig bei Nax erneut bewiesen hat ist, dass ich in den Bergen nicht höhenempfindlich bin und von den Hochtouren auch die notwendige Erfahrung mitbringe, was sicheres und auch kräfteschonendes Bergsteigen betrifft. Durchaus notwendige Voraussetzungen auch gemäss Tourenportal SAC.
Leider verdichteten sich die Wolken zunehmend, je näher wir den Alpen und unserem Ziel in bei Engelberg kamen.
Aber die Sonne drückte und Richtung Engelberg waren auch schon die ersten blauen Flecken zu sehen. Kein Grund also, von unserem Vorhaben abzusehen. Die Feuchtigkeit war nicht zu hoch, bei Regen hätten wir die Übung aus Sicherheitsgründen abbrechen müssen. Der Einstieg nach dem weiss-blau-weiss markierten Zustieg war sanft und Klaus kletterte, auf meine Bitte hin, mindestens für den ersten Teil vor.
Es hatte auch immer wieder Passagen, bei denen eigentliche Kletterkompetenz gefragt war, die Griffe im Fels aber gut und die Tritte häufig, wenn auch manchmal ziemlich knapp, ausgeschlagen waren. Gut, wer da auf die starren Sohlen seiner Bergschuhe vertrauen kann.
Fotografisch ist meine Ausbeute diesmal nicht so gross, das hängt auf der einen Seite, wie erwähnt, mit der meist rechts verlaufenden Sicherung zusammen, aber auch und vor allem mit der Konzentration auf die Route und der damit verbundenen Risikovermeidung. Mehr Routine wird dann auch zu anderen Möglichkeiten führen.
Bisher gab es keine nennenswerte Schwierigkeiten, aber die zweite Etappe hatte es in sich. Offenbar soll es hier sogar einen «Notausstieg» geben, der dann über der Fürrenhochflue (mit zwei «r») über steile Wiesen zur Fürenalp geht. Ich habe ihn jedenfalls nicht gesehen. Der Abschnitt begann mit einer Schlüsselstelle: Einer Quertraverse in einer senkrechten Wand, die ein Anlehnen unmöglich machten und gleichzeitig waren die Haltebügel so weit auseinander, dass sie kaum greifbar waren.
Zur «Belohnung» wurde man noch geduscht. Die Wassermenge hielt sich zwar in Grenzen, aber Griffe und Nägel waren natürlich entsprechend glitschig.
Aber die kümmerte mich in dem Moment noch nicht, viel mehr konnte man endlich die Bergwelt in fast kitschiger Form erleben.
Aber natürlich musste ich mich der Herausforderung stellen. Wie ich diese freihängende, nur wenig abgespannte Strickleiter hinter mich bringen würde, musste ich zuerst noch rausfinden. Jedenfalls ruhig, Tritt für Tritt. Mit dem rechten Arm als Sicherung die Leiter umfassen und mit der Hand von hinten die Sprosse fassen, während ich mich mit dem linken Arm und einem Bein eine Stufe höher arbeitete. Beim Sicherungsabschnittwechsel mit dem linken Oberarm einhängen und rechts die Karabiner umhängen. Ich war derart auf diesen Ablauf konzentriert, dass ich schon beinahe erstaunt war, als ich das Ende der Leiter erreichte.
Trotz aller Pausen benötigte ich genau zweieinhalb Stunden, exakt die Zeit, die auch im SAC-Beschrieb zum Klettersteig angegeben ist.
Für den Abstieg wählte ich die Seilbahn. Mit Klaus hatte ich vereinbart, dass wir nicht aufeinander warten würden. Unten bei der Talstation hatte ich zum erstenmal einen vollständigen Blick auf die Fürenwand.
Ich mochte nicht über eine halbe Stunde auf den Bus warten, also machte ich mich zu Fuss nach Engelberg auf. Ich erreichte den Zug problemlos, es reichte sogar noch für einen kleinen Snack.
Auf der Heimfahrt begann ich, all meine Knochen zu spüren. Ich war wirklich sehr müde, aber richtig euphorisiert. Es war wieder ein wunderbares Erlebnis, danke Klaus!