Nein, eine Inklusion ist kein speziell ausgestalteter Abschnitt einer Kletterwand, vielmehr geht es darum, dass man beim Klettern aufeinander angewiesen ist und man sich auf seinen Partner verlassen können muss, egal, ob sie oder er ein anderes Geschlecht haben, ein anderes Alter, ein anderes Gewicht oder aus einem anderen Land stammen. Würden sich die Leute überall so begegnen, wie in einer Kletterhalle, die Welt wäre eine andere.
Aber bevor wir jetzt unnötig in gesellschafts-philosophische Tiefen eintauchen, möchte ich auf das eigentliche Thema zu sprechen kommen.
Kaum eine andere Trendsportart fordert den Sportler derart gesamtheitlich wie das Indoor-Klettern (Toprope, Vorstieg, Bouldern). Körperspannung, Koordination, Beine, Arme, Rumpf und Kopf werden in höchstem Masse gefordert. Die Routen sind kurz und das Glückgefühl, es geschafft zu haben, ist mehrmals erlebbar. Letzteres ist wohl kaum die Motivation für einen Berggänger in Frührente, sich für einen Basiskurs «Toprope» in der ARANEA+ in Schaffhausen einzuschreiben. Nein, ich brauche die Natur, die Berge, bin aber erstens (schon länger) nicht mehr bereit, mir an vereisten Felsen die Finger abzufrieren und zweitens ist das Angebot für «Schönwetter-Alpinisten» im Winter wegen der geschlossenen Hütten sehr stark reduziert. Aber gerade auch im Rückblick auf die vergangene Klettersteig-Saison dürfte etwas mehr Sicherheit an der Wand und das kletterspezifische Training nicht schaden.
So habe ich mich dann für den Basiskurs angemeldet, der an drei Mittwoch-Abenden in die Kunst des Toprope-Kletterns einführen sollte. Wobei Kunst jetzt vielleich etwas übertrieben ist. Das technische Handwerk dazu ist keine Raketenwissenschaft, aber auch hier gilt, wie in vielen Lebensbereichen, «Übung macht den Meister». Und klar, für diejenigen, die noch nie einen Klettergurt anhatten oder einen Achterknoten geknüpft haben, war es eine etwas grössere Herausforderung.
In erster Linie ging es um die Sicherheitsgrundlagen, wie sie in «Sicher klettern indoor» einer Broschüre auf Initiative der Alpenvereine aus der Schweiz, Deutschland, Österreich und Südtirol beschrieben sind. Mit etwas gesundem Menschenverstand ausgestattet, sollte einen die Nachvollziehbarkeit der Regeln und Empfehlungen nicht vor unüberwindbare kognitive Schwierigkeiten stellen. Aber ja, die Verinnerlichung ist entscheidend, einen gewissen Automatismus, einen Blick für die kritischen Punkte zu entwickeln.
Toprope, im Unterschied zum Vorstieg, wo das Sicherungsseil mitgeführt und laufend in die Karabiner einghängt wird, bedeutet, dass es nur einen Umlenkpunkt für das Seil gibt, ganz oben. Aber auch hier gibt es dann Unterschiede: Der Top-Stop, der in der Umlenkung eine Bremse eingebaut hat, die «normale» Aufhängung ohne Bremse und den Automaten. Letzterer ermöglich das gefahrlose Solo-Klettern. Die beiden anderen untscheiden sich auf der Sicherungsseite nicht voneinander:
Auch der Smart befestigt sich nicht alleine am Klettergurt und muss richtig bedient werden, um in erster Linie Stürze, aber auch Verbrennungen (durch durchlaufendes Seil) oder eingeklemmte Finger zu vermeiden. Es gibt noch eine ganze Palette anderer Sicherungsmittel, die eigentlich gleichwertig sind.
Kletterseitig sind die Sicherungsseile von Top-Stop und Automat mit gegengerichteten Doppelkarabinern zur direkten Befestigung am Klettergurt ausgerüstet, im Falle der «normalen» Umlenkung erfolgt die Befestigung am Gurt mittels eines Achterknotens.
Wir kletterten in «Gewichtsklassen», deshalb war das Ganze ziemlich unspektakulär. Sowieso hat nur schon der Top-Stop die Sprünge ins Seil so stark gedämpft, dass auf Sicherungsseite fast nichts mehr zu spüren war. Aber aus dieser heilen Welt mussten wir raus! Wie sieht’s denn beispielsweise aus, wenn die Sicherungsperson 30 Kg leichter ist als der Kletterer?
Leicht sichert Schwer
Ja, das geht. Über das Querhängen wird zusätzlich Seilreibung erzeugt. Und wird Seil zu einem Zopf verdreht, dann wird die Reibung nochmals erhöht.
Aber gerade ein Basiskurs soll ja nicht nur auf den worst case vorbereiten, er soll ja auch Spass machen, sonst werden die Teilnehmer abgeschreckt und fallen damit als potentielle Kletterhallen-Kunden wohl eher ausser Traktanden…
Fazit: Ja, es hat sich gelohnt, diesen Kurs zu machen, aber ich werde vermutlich kaum zu einem regelmässigen Kletterhallen-Besucher werden. Dazu fehlt mir die Sinnlichkeit der Natur und der Ehrgeiz, auch die schwierigsten Routen bezwingen zu können. Aber warum sich nicht zwischendurch mal in der Vertikalen strecken? Das könnte ich mir schon vorstellen.