Ist ja vielleicht keine so gute Idee, nach zwei Wochen auf Meereshöhe ohne weitere Höhenakklimatisierung eine solche Tour zu wagen. Aber letztes Jahr hat es geklappt (Mönch), warum also nicht auch dieses Mal? An der Kondition sollte es nicht liegen und bisher hatte ich mit grosser Höhe nie Probleme. Mit Betonung auf bisher, weil die Höhenverträglichkeit fragil ist und jederzeit umschlagen kann. Trotzdem wollte ich es wagen.
Da waren aber noch einige andere Voraussetzungen zu erfüllen. Meine Hüttenübernachtung hatte ich dieses Jahr bereits (Tierberglihütte) und damit war mein Soll erfüllt (es hätten noch zwei weitere sein sollen, aber die eine, Glärnischhütte, fiel wegen Unwettern buchstäblich ins Wasser und die zweite (Martinsmad) schaffte ich nach einem Impfmarathon nicht. Die Auswahl an Viertausendern für Eintagestouren ist nicht besonders gross, aber mein Lieblingsbergführer, Dan Moore, brachte den Pollux ins Spiel.
1999 haben wir den Pollux auf unserer «Spaghetti-Tour» mit der Alpinen Sektion Swissair im wahrsten Sinne des Wortes noch links liegen lassen und sind direkt über den Castor (4’223 m) zur Sellahütte (3’585 m) gelangt.
Das Wetter ist eigentlich immer der wichtigste Faktor bei einer Bergtour und einen besseren Tag als den Freitag, 19. September hätten wir uns nicht wünschen können. Durchgehend Sonne war prognostiziert und Temperaturen von über 10° auf 4’000 Metern. Das hat aber auch Nachteile: Am Nachmittag wird dann die Spur auf dem Gletscher weich und damit mühsam und vor allem steigt auch das Risiko von einbrechenden Gletscherbrücken.
Darüber hinaus musste ein Zeitfenster von 7 Stunden eingehalten werden, um die letzte Talfahrt vom Klein Matterhorn (Glacier Paradise) nicht zu verpassen. Aber das sollte zu schaffen sein.
Ich reiste am Vortag an und übernachtete im Hotel Antares, eine Minute von der Matterhorn Talstation entfernt. Kurz nach halb Neun traf ich Dan und gemeinsam fuhren wir zum Klein Matterhorn.






Ab hier hatte ich echte Atemprobleme. Kein Kopfweh, keine Übelkeit, aber ich musste praktisch nach 2,3 Schritten wieder Luft holen. Ich wäre wohl umgekehrt, hätte mich Dan nicht so gut motiviert, weiter zu machen. Es war eine reine Kopfsache. Auch mit dem Schneckentempo blieben wir vor den nachfolgenden Seilschaften.



Kurz vor dem Erreichen des Vorgipfels die eigentliche Schlüsselstelle. Zwar mit Ketten als Kletterhilfe, aber vor allem für die Arme eine echte Herausforderung.


Auf dem Gipfelgrat zerrten teils heftige Böen an uns, aber nicht so schlimm wie letztes Jahr am Mönch, wo man teilweise kaum noch Schnauf bekam und wir uns echt überlegten, aus Sicherheitsgründen umzukehren.



Auf dem Gipfel. Warum der eine noch so frisch aussieht und der andere eher etwas geschafft, dürfte wohl an den 30 Jahren Altersunterschied liegen…






Ich hatte ja schon einige Gletscherspalten gesehen, aber diese hier waren einfach gigantisch: Zwei, drei Meter breit und 10 und mehr Meter tief. Da sollte man besser nicht reinfallen.






Auf das Abschlussbier mussten wir leider verzichten, Dan hatte wohl zu viel Sonne erwischt und Kopfweh. Aber nächstes Jahr werden wir wieder miteinander auf Tour gehen.
Ich hatte meinen Rollkoffer im Hotel gelassen und konnte dort vor dem Kleiderwechsel sogar im Spa noch duschen. Was für ein fantastischer Abschluss!
Mit Quöllfrisch ausgerüstet war mir auch egal, dass im RegioExpress nach Visp nur Pseudo-Ersteklasse (Viererbestuhlung) angeboten wurde. Dafür klappten alle Verbindungen und in Schaffhausen holte mich die beste Ehefrau von allen mit dem Auto am Bahnhof ab.