Die! Wand!

Wie ein gewaltiger Riegel steht sie da, die Wand mit den grandiosen Wasserfällen zwischen Kandersteg und der Allmenalp, wie wenn sie sagen würde: «Wagst du es, oder hast du Schiss?»
Aber natürlich wagen wir es.

«Wer getrunken hat das Licht hoher Berge, kann auf Erden nimmer ganz unglücklich werden.»
Adolf Egger

So steht es über einem Fenster des Kunstateliers Egger auf dem Weg zur Wand. Das hat meines Erachtens schon etwas und der besondere Charme liegt im fehlenden absoluten Anspruch. Auch dem verkappten Philosophen Klaus gefiel der Spruch sehr gut.

Vom Bahnhof Kandersteg aus sind es nur knapp anderthalb Kilometer bis zum Einstieg in die Wand.

Schon eine der ersten Leitern hat einen leicht überhängenden Abschnitt.

Dann erfolgt die grosse Traverse Richtung Nepalsteg über dem Wasserfall.

Wir wurden von einer Ausnahmeerscheinung überholt: Steven Mack, der blinde Kletterer. In der Wand bewegt er sich mit einer stupenden Sicherheit und völlig autonom. Seinen Begleiter Niklas «brauchte» er nur für Zu- und Ausstieg.

Als er an mir vorbeizog ohne zu grüssen dachte ich zuerst «was für ein …», aber als ich ihn nach dem Ausstieg sah, angehängt an den Rucksack seines Vordermannes, war mir alles klar. Auf der Terrasse der Allmenalp kamen wir bei einem Rugenbier ins Gespräch und ich kann nur sagen: Hut ab!
Steven Mack auf Wikipedia.

Der erste Nepalsteg. Ich habe diese Seilbrücken nicht gerne, nicht wegen grösserer Schwankungen, sondern vielmehr den hochfrequenten Querbewegungen unter den Füssen.

Grandios natürlich immer wieder der Blick über Kandersteg in Richtung Oeschinensee.

Die verdrehte Leiter zur Überwindung des Dachs. Eine spektakuläre Besonderheit, aber keine besondere Herausforderung.

Eine schlaue Lösung. Und doch konnten wir zwei Kletterer beobachten, die sich auf die Aussenseite der Leiter zwängten, nur um kurze Zeit später feststellen zu müssen, dass sie so zwischen Leiter und Wand eingeklemmt würden.

Die verdrehte Leiter hat festen Sitz und ist gut abgespannt, ist also leicht zu überwinden.

Nach der verdrehten Leider folgt eine Traverse zurück zum Wasserfall.

Danach verläuft die Route leicht hinter dem Grat.

Letztes Atemholen vor dem vielleicht schwierigsten Teil. Der Abschnitt nach der Plattform zur Umrundung des Vorsprungs ist leicht überhängend und nur schlecht einsehbar.

Der zweite Nepalsteg. Etwas weiter oben hätte man die Schlucht auch mit einer Tyrolienne überqueren können. Ich habe es nicht gewagt. Steven Mack schon…

Das Panorama nach dem Ausstieg auf der Allmenalp mit dem Blüemlisalphorn im Zentrum.

Die Bewirtung auf der Allmenalp ist herzlich und die Bergstation der Seilbahn gleich daneben.

Die Wand von der Luftseilbahn aus bei der Talfahrt.

Bei der Rückfahrt vom Wallis oder Berner Oberland versuche ich jeweils noch bei Ilyas in Spiez reinzuschauen. Es gibt immer viel zu reden und auch Bier. Schwieriger wird es jweils, den Überraschungseffekt auszuspielen: Dazu muss ich irgendwie sicher sein, dass er zuhause ist, sonst lohnt sich der Unterbruch am Thunersee nicht. Und zu spät sollte ich auch nicht sein, sonst dauert die Heimfahrt nachher gefühlt ewig. Mit der Ankunft an der Talstation der Luftseilbahn um 15:02 würde es etwas kanpp werden für den geplanten 15:15-Zug in Kandersteg. Nachdem ich mich von Klaus, Steven und Niklas verabschiedet hatte, musste ich rennen. Auf Asphalt in der brütenden Nachmittagssonne und mit Rucksack. Das Bier bei Ilyas hatte ich mir verdient.