Und was ein Schaffhauser und Kamala Harris damit zu tun hatten. Die Präsidentschaftswahlen von 2016 hätten beinahe in einem historischen Eklat geendet. Am Ende fehlten 3 Elektorenstimmen (von 538), um Mitt Romney statt Donald Trump zum Präsidenten zu wählen.
Aber der Reihe nach: Das Amerikanische Wahlsystem scheint uns eher kompliziert und umständlich. Die Wahlberechtigten wählen in den Staaten ja nicht direkt den Präsidenten, sondern nur die Wahlmänner, denen dann die eigentliche Wahl obliegt. Was im 18. und 19. Jahrhundert auf Grund der riesigen Distanzen auch Sinn machte, ist heute zu einem Anachronismus verkommen, wie auch sonst einiges aus der Verfassung von 1776, trotz unzähliger Anpassungen (Amendments), die grösstenteils auch schon wieder veraltet sind.
Nun, die Erfindung der Wahlmänner war allerdings nicht geografisch induziert, sondern durch das Misstrauen der Regierung gegenüber der Bevölkerung. Die von der Verwaltung ausgesuchten Elektoren sollten verhindern, dass Scharlatane, Hochstapler, Betrüger und andere Idioten zum Präsidenten gewählt werden. Für die meisten Bewohner war Washington unendlich weit weg und der allgemeine Bildungsstand tief (vermutlich ähnlich wie heute, einfach ohne Social Media). Damit die Wahlmänner einen genehmen Kandidaten küren konnten, waren sie ursprünglich nicht gebunden, das heisst, sie konnten wählen, wen sie wollten (sie waren nur ihrem Gewissen gegenüber verpflichtet). Mehr und mehr Bundesstaaten haben aber gesetzlich festgelegt, dass die Wahlmänner den nominierten Kandidaten der entsprechenden Partei unterstützen müssen. 2016 galt diese Regelung bereits in 26 Staaten.
Die Anzahl der Wahlmänner pro Staat entspricht der Anzahl Vertreter in Senat (100) und Kongress (435), dazu kommen noch drei Vertreter aus dem Regierungsbezirk Washington D.C., also total 538 Elektoren. Erreicht ein Kandidat die Mehrheit der Stimmen (die Hälfte + 1 = 270), dann ist er gewählt.
Eine weitere Besonderheit ist in den meisten Staaten (ausser Nebraska und Maine) das Prinzip von «the winner takes it all»: Auch bei sehr knappem Ausgang erhält der Gewinner alle Elektorenstimmen des entsprechenden Staates. Diese Regelung birgt ein gewisses Frustpotential, sind doch ein ansehenlicher Teil der Staaten treue Wähler der einen oder anderen Partei. Während der Nordosten, die Ost- und Westküste «blau» sind (demokratisch), sind Mittlerer Westen und Südstaaten «rot» (republikanisch). In diesen Staaten lohnt sich Wahlkampf kaum, denn die Meinungen dort sind gemacht. Interessant sind die sogenannten Swing-States, also Staaten, die einmal so und ein andermal anders wählen.
So präsentiert sich die aktuelle Situation:
Quelle: 270towin
Nach diesem hoffentlich aufschlussreichen Exkurs komme ich also zurück zum eigentlichen Thema.
2016 errang Donald Trump 2.8 Millionen weniger Stimmen als seine Gegnerin Hillary Clinton (2.09%). Im Electoral College stimmten jedoch 304 zu 227 Wahlmänner für Trump (7 für andere Kandidaten), da dieser einige der bevölkerungsreichsten und damit mit der grössten Zahl an Wahlmännern ausgestatteten Staaten knapp für sich entscheiden konnte. Trump hatte also die Wahl geschafft, trotz weniger Stimmen als Clinton. Das, vor allem aber die Sorge der Wahlmänner um einen würdigen Präsidenten, führte zu einem Plan, der, wäre er aufgegangen, den Gang der Welt beeinflusst hätte. Wobei die Wahlmänner so eigentlich nur die Verantwortung wahrgenommen hätten, die ihnen die Gründungsväter zugestanden hatten.
Faithless Electors
Mitten drin in diesem konspirativen Runde ein Schaffhauser: Vinzenz «Vinz» Koller, geboren und aufgewachsen in der Munotstadt.
Das Electoral College tritt immer am Mittwoch nach dem zweiten Montag im Dezember zusammen (allerdings trifft sich dieses Verfassungsorgan, anders als der Senat oder das Repräsentantenhaus, nie an einem Ort. Vielmehr geben die Wahlmänner ihre Stimmen in den Hauptstädten der Bundesstaaten ab). Deshalb blieb also nach der Volkswahl genügend Zeit, um einen gewaltfreien Coup zu lancieren.
Von den Trump-Wählern hätten also mindestens 34 überzeugt werden müssen, für einen anderen Kandidaten zu stimmen. Man hatte sich auf Mitt Romney festgelegt, den unterlegenen Kandidaten der Republikaner in der Wahl 2012.
Über ein Konstrukt mit Anwälten wurde ein Gefäss für die «Faithless Electors» geschaffen, um eine allfällige Bereitschaft geheim signalisieren zu können. Aber es waren ja nicht nur 34 Republikaner, die anders gewählt hätten, sondern auch alle Demokraten und Unabhängige.
Um sich bei einer abweichenden Stimmabgabe schadlos zu halten, klagte Vinz Koller gegen den Bundesstaat Kalifornien, um das freie Wahlrecht wieder zu erlangen. Notabene musste er das bei der damaligen Generalstaatsanwältin von Kalifornien machen, einer gewissen Kamala Harris.
Harris war es auch, die ihn 2012 auf die Wahl von Barack Obama hin eingeschworen hatte. Seither hat er seinen Bezirk Monterey in jeder Präsidentschaftswahl als Wahlmann vertreten und wird es auch diesmal wieder tun.
3 Stimmen
Schliesslich fehlten drei republikanische Stimmen, um den schlechtesten Präsidenten der Geschichte zu verhindern. 3 Stimmen bei 538 Voten! 0.5%!
Diesmal braucht es hoffentlich keine Spezialtricks.
VOTE BLUE 💙💙💙
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