Am 21. Januar 2025 fand die erste grosse Planetenparade statt. Damals konnte ich alle sechs «teilnehmenden» Planeten auf dem Bonistock ablichten (Mars, Jupiter, Uranus, Neptun, Venus und Saturn). Wobei die Sichtbarkeit von Uranus und Neptun eher theoretischer Natur war, braucht es für deren Beobachtung doch schon ein kleines Teleskop. Am 28. Februar nun sollte sich auch noch der letzte Planet unseres Sonnensystems in die Parade einreihen, der Merkurs (dem Pluto ist inzwischen ja der Status eines Planeten aberkannt worden). Sieben Planeten gleichzeitig am Himmel sichtbar, das ist extrem selten und tritt nur alle paar Jahrzehnte auf. Dass die letzte solche Parade am 2. Juli 2022 stattfand, hat wohl mit der statistischen Häufung zu tun.
Voraussetzung N° 1 für die Beobachtung dieses Spektakels ist natürlich ein klarer Himmel, was diesen Winter nicht nur gefühlt eher Mangelware war. «Trüb wie selten: So viele Nebeltage gab es seit 30 Jahren nicht mehr», so hiess es heute von Meteo-Schweiz. Der Bonistock kam nicht in Frage, da sah die Prognose nicht gut aus. Vielversprechender würde es auf dem Gornergrat (3’133 m) sein. Aber auf den Gornergrat, nur um ein paar Planeten zu fotografieren? Man könnte das natürlich noch mit einer Übernachtung kombinieren, dann wären Milchstrasse (ideal bei Neumond) und Sonnenaufgang noch als Zückerchen dabei. Die Nacht im Kulmhotel Gornergrat kostet mindestens 600 Franken. Das alleine lag schon über der Schmerzgrenze, dass aber gleich zwei Nächte hätten gebucht werden müssen, machte mir den Entscheid leicht: Ich musste wieder runter. Dem kam entgegen, dass das Spektakel kurz nach Sonnenuntergang stattfand und ich damit die letzte Gornergratbahn nach Zermatt noch problemlos erreichen würde.
Gemäss Wettervorhersage würde es klar und praktisch windstill sein, aber mit Temperaturen unter -10°. Das ist nicht gerade eine Umgebung, in der man länger als nötig an Ort verweilen möchte. Mit meiner Bergausrüstung würde ich wohl zwei Stunden überstehen, also begann ich einmal zurückzurechnen:
- Saturn hinter dem Horizont verschwunden: ca. 19 Uhr
- Sonnenuntergang: 18:13 Uhr
- Ankunft Gornergrat: 17:57 Uhr
- Abfahrt Schaffhausen mit Umsteigen in Zürich, Visp und Zermatt: 13:17 Uhr
Der letzte Zug ab Gornergrat fährt 20:07 Uhr. Umsteigen in Zermatt, Visp, Bern, Zürich und Winterthur, Ankunft in Schaffhausen um 02:01.
Von 400 m auf 3’200 m und wieder zurück, insgesamt wohl etwa 20’000 Höhenmeter Auf- und Abstieg. Innerhalb von 13 Stunden und alles auf der Schiene. Nur in der Schweiz.
Auf der Strasse geht das auch anderswo. Zum Beispiel auf Hawai’i. Zu den Observatorien auf dem Mauna Kea (4’205 m) führt von der Saddle Road die Mauna Kea Access Road, eine breite Naturstrasse, im Gipfelbereich sogar asphaltiert.

Der Start erfolgte in Kailua-Kona auf Meereshöhe und führte über den Gipfel des Mauna Kea nach Hilo, wieder auf Meereshöhe. Also von 0 m auf 4’200 m und wieder zurück. Innerhalb von etwa sechs Stunden.
Die letzten Sonnenstrahlen fielen auf den Gornergrat, als die Bahn pünktlich in die Bergstation einfuhr. Bis ich den Gipfel erreicht hatte (ja, es sind nur etwa 40 Höhenmeter, aber die Luft dünn und der Rucksack schwer), gelangen mir gerade noch ein paar Aufnahmen von Bergspitzen im Sonnenlicht.






Da es trocken war, hatte ich auf eine Objektivbeheizung verzichtet. Für eine Fingerheizung hätte ich durchaus Verwendung gehabt. Obwohl ich vieles voreingestellt hatte, gab es natürlich immer wieder Nachjustierungen und das geht mit Handschuhen einfach nicht. Während man dreht und drückt, merkt man es gar nicht so gross und plötzlichspürt man einzelne Finger gar nicht mehr.


Damit war das Vorhaben Planetenparade bereits beendet. Nicht ganz so erfolgreich, wie erhofft, aber immerhin hatte ich jetzt innerhalb von etwas mehr als einem Monat sämtliche Planeten sehen können. Jetzt würde ich mich noch auf die Milchstrasse konzentrieren. Aber dafür war es umgekehrt eben noch zu früh.


Bis um halb acht wollte ich noch ausharren, obwohl sich die Lichtsituation wohl nicht mehr dramatisch verändern würde. Als ich mich dann daran machte, mein «Gear» abzubauen, spürte ich den Mittelfinger meiner linken Hand nicht mehr, obwohl ich die Hände ständig in Bewegung gehalten haben und immer wieder in die Taschen steckte. Ich schaffte es beinahe nicht mehr, die Klemmung der Beine des Statives zu lösen. Meine Füsse hatte ich leidlich warmhalten können und so ging ich vorsichtig zum Kulmhotel zurück. Die Läden im Eingangsbereich hatten natürlich alle geschlossen, aber das WC war noch geöffnet und es hatte warmes Wasser. Der Schmerz im linken Mittelfinger war beträchtlich, aber nach Minuten des sanften Aufheizens konnte ich ihn wieder kontrolliert bewegen. Alle Fingerkuppen waren gerade ziemlich sensibel.
Der Zug auf dem Gornergrat fuhr pünktlich ab, zwischendurch gab es geringfügige Verspätungen, aber ich erreichte Schaffhausen zur fahrplanmässigen Ankunftszeit um 02:01.
Zwei Stunden vor Ort. Über 10 Stunden Zugfahrt. 8 Mal umsteigen. Pünktlich. Nur in der Schweiz.
Man muss das Ganz natürlich auch etwas relativieren:
Als Rentner habe ich Zeit für solche Sachen, als GA-Inhaber kostet mich die Reise bis nach Zermatt nichts1 und als Gewinner des GGB-Fotowettbewerbes war auch die Fahrt von Zermatt auf den Gornergrat gratis.
- Gesamtkosten für den Tag: Null.
- Gesamterlebnis: Unbezahlbar.

- Das stimmt so auch nicht ganz, aber ich muss mindestens für die Reise kein zusätzliches Geld in die Hand nehmen ↩︎
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