Das heisst aber nicht, dass es auch enttäuschend war, ganz im Gegenteil. Eigentlich hätten wir die Klettersteig-Saison schon früher eröffnen müssen, vor allem auch, weil durch die hohen Temperaturen gerade die Routen im mittleren Bereich bereits schneefrei waren. Zudem war es auch nicht optimal, erst nach Ferienbeginn und dann noch an einem Samstag auf Tour zu gehen. Aber das sind Marginalien im Vergleich zu den tollen Eindrücken auf dieser Via Ferrata.
Während für die Westschweiz bereits Mittagsgewitter prognostiziert wurden, durften wir den ganzen Tag mit trockenen Verhältnissen rechnen. Schon bei der relativ späten Abfahrt zeichnete sich ein sonniger Tag mit guter Weitsicht ab.
Dass es Samstag war, hatte aber auch einen Vorteil: Dominique und Cornel würden wohl auf der Rossweid in Betschwanden unterhalb Braunwald sein und ich könnte sie mit einem Blitzbesuch überraschen. Eine unverbindliche Anfrage, ob sie denn über’s Wochenende wieder dort sein würden, wurde positiv beantwortet.
In Linthal, bei der Talstation der Braunwaldbahn, traf ich dann einen gutgelaunten Klaus und wir zwängten uns in die Standseilbahn, die trotz hohem Passagieraufkommen «nur» im Halbstunden-Takt fuhr. Bei der Bergstation in Braunwald hat es zwar sehr viele Wegweiser, aber keinen, der uns zum Gumen-Sessellift geführt hätte.
Die Sessel der Gumenbahn sind quer zur Fahrtrichtung montiert und da alle Sesselbahnen links herum drehen, hatten wir bis oben die Sonne voll im Gesicht. Vom Gumen aus sind bis zum Beginn des Klettersteiges rund 200 Höhenmeter zu überwinden. Es herrschte nicht gerade Dichtestress, aber es hatte schon sehr viele Leute und die brachten Klaus etwas aus dem Rhythmus.
Vor der Fahrt im Sessellift nach Braunwald gönnten wir uns noch ein Bier im Gumen-Berggasthaus.
Als wir dann schliesslich in Linthal, Braunwaldbahn, in die S6 der SOB einstiegen, wussten wir noch nicht, was uns bevorstand… Ich würde in Betschwanden-Diesbach aussteigen und meinen Überraschungsbesuch auf der Rossweid machen und Klaus würde nach hause fahren. Meinten wir.
Wir waren am reden, als plötzlich den Zirkus Mugg am Fenster vorbeiraste. Mist, vor lauter schwatzen nicht den Halteknopf gedrückt. Glaubte ich, dem war aber nicht so. Der Zug hält nicht in Betschwanden. Ich würde wohl zurückfahren müssen. Die nächste Möglichkeit, auszusteigen, war in Luchsingen-Hitzingen. Da stand ich nun in der brütenden Hitze, musste aber nicht allzu lange auf einen Zug in die Gegenrichtung warten, der aber wiederum nicht in Betschwanden halten würde. Stattdessen sollte ich bis Linthal fahren und dort in die talfahrende S25 umsteigen, die dann wirklich überall hält. Da dieser Zug nur im Stundentakt verkehrt, hatte ich nicht einmal Zeit verloren, es war der gleiche Zug, auf den ich ursprünglich hätte warten sollen.
Klaus passierte ein ganz anderes Malheur: Weil mit einer «kindischen Spielerei am iPhone» (O-Ton) beschäftigt war und aus dem Augenwinkel «Ziegelbrücke» auf dem Display sah, stieg er aus, allerdings irrtümlicherweise schon am Bahnhof von Nieder- und Oberurnen. Eine Stunde wollte er nicht warten, also nahm er den Weg nach Ziegelbrücke unter die Füsse und kam schliesslich auch wohlbehalten zuhause an.
Währenddessen schlich ich mich auf der Rossweid an und blieb bis fast zum Schluss unentdeckt. Mein Quöllfrisch durfte ich im Keller gleich selbst holen. Damit waren meine Erwartungen erfüllt. Ich wusste ja, dass Dominique und Cornel nur ein kurzes Wochenende hier verbringen wollten und so wollte ich auch nicht zur Last fallen. «Wer überraschend kommt, muss nehmen, was da ist» meinte Dominique, aber das war erstens sehr fein und auch mehr als genug. Salat, gegrillte Doraden, Quinoa, nach dem Bier noch einen Rosé zum Apéro und dann Heida zum Fisch. Die perfekte Gastfreundschaft.
Ab Bülach regnete es, aber erst als ich zuhause war, schüttete es wie aus Kübeln. So endete dann kurz vor Mitternacht ein toller Tag.
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[…] wir am letzten Samstag abgebrochen hatten (Zu spät und zu kurz), wollten wir es noch richtig tun, nämlich die Via Ferrata über die Eggstöcke durchklettern. […]