Polarlichter in der Schweiz

Im letzten November bin ich eigens für Polarlichter nach Island geflogen («NORTHERN LIGHTS GUARANTEED»). Bekanntlich nützten alle Garantien nichts, denn neben der fehlenden Sonnenaktivität spielte auch das Wetter nicht mit. Umso erstaunter las ich am 25. September in den Online-Medien, dass auf Grund der starken Sonnenstürme im Alpenraum Polarlichter aufgetreten sind und die Chance auf Wiederholung besteht. Wegen des Prachtswetters überlegte ich mir bereits vorher, wieder einmal mein zweites Wohnzimmer, den Alpstein, aufzusuchen. Diese Meldung nahm mir quasi den Entscheid ab.

Der ideale Ort für die Beobachtung der Polarlichter wäre entweder die Stauberenkanzel oder der Rotsteinpass, weil Rossmahd und Altenalp die Lichter aus dem Tal abschirmen würden. Da ich aber vorhatte, mit dem grossen Stativ und auch dem neuen Zoom zu hiken, war mir der Rotsteinpass zu anstrengend und nur hinfahren wollte ich dann auch wieder nicht. Also fielen sowohl Stauberenkanzel wie Alter Säntis aus den Traktanden.

Mit einem kurzen Anruf im Berggasthaus Schäfler bestätigte mir Dani Dobler die Reservation. So spät bin ich nur selten Richtung Alpstein unterwegs. Ab Winterthur dann mit einem ungeliebten FV DOSTO:

Der FV DOSTO ist zwar nachgebessert worden, aber nach wie vor ein unkomfortabler Schüttelzug. Ich sitze immer unten, da ist das Rütteln etwas weniger schlimm. Aber derjenige, der die Karten nachführen muss, sitzt offenbar oben 😉 – Hoffentlich weiss der Lokführer, wo wir hin müssen…

Noch scheint die Sonne in Wasserauen bis auf den Talboden und die Luftseilbahn auf die Ebenalp funkelt wie ein Edelstein. Wenn das kein gutes Omen ist?

In der kurzen Zeit, in der die Sonne ins Seealptal scheint, wird noch viel Feuchtigkeit freigesetzt.

Ein erster halber Sonnenuntergang in der Chlus. Bald ist der Schäfler erreicht.

Der Aufstieg war zwar nur kurz, aber ein Appenzöller Bier tut immer gut und solange die Sonne noch auf die Terrasse scheint, ist auch noch T-Shirt angesagt. Das Ende September auf fast 2’000 Metern.

Es hatte schon einige Leute (darunter viele Amerikaner), aber es war nicht beengt, das Team sehr freundlich, der Service schnell und das Essen ausgezeichnet. Vom Polarlicht scheint niemand etwas mitbekommen zu haben, aber es interessierte natürlich alle. Das ging bis zum Weckauftrag im Falle des Auftretens…

Der Sonnenuntergang wurde zum Spektakel, das sich niemand entgehen lassen wollte.

Matthorn, Pilatus, Klimsenhorn, Gnepfstein (Mittaggüpfi) und Rigi (74 km entfernt).

Auch auf der Meglisalp scheint sich das Leben in die Gaststube verlagert zu haben.

Letztes Abendrot. Dass der Alpstein nicht in der Dunkelheit versank und das Gras im Vordergrund hell beleuchtet war, lag am…

… Mond, der wie ein Scheinwerfer die Szenerie erhellte.

Der Mond, freihändig fotografiert. Es ist eine der ersten Aufnahmen mit dem neuen 180-600mm-Zoom. Ich bin echt begeistert.

Das warme Licht schwindet langsam. Inzwischen war ich allein auf dem Gipfelpunkt.

Auch vom Gasthaus aus sah es toll aus. Der Berg in der Lücke ist die Rigi. Es war erst viertel vor Acht, aber ich würde mich nun hinlegen, weil ich um halb Eins wieder aufstehen wollte. Das Polarlicht im Kopfbild wurde von der Webcam auf dem Säntis heute Morgen um 01:00 Uhr erfasst.

Was für eine Bühne nach Mitternacht! Der 4/5 Mond tauchte alles in sein kaltes, sehr helles Licht, was für die Astrofotografie keine guten Voraussetzungen sind, genau so, wie der Schimmer des Kunstlichts aus dem Tal. Letzteres kann mit einem Neutral Night-Filter etwas gedämpft werden.

Der Mond würde erst um 02:42 untergehen, allerdings hoffte ich, dass mir der Säntis hier etwas Unterstützung gibt. Und ja, um 01:47 ging der Mond hinter dem Säntis unter.

Zaghafte Sicht der Milchstrasse. Hinten links das Dreiländereck. Auch schön, aber deshalb war ich ja nicht da…

Der Himmel Richtung Norden war voller Sterne, aber auch nur ein Hauch einer Aurora Borealis zeigte sich nicht.

Gut abgeschirmt ist die Milchstrasse über dem Berggasthaus Schäfler besser sichtbar.

Nach zweieinhalb Stunden unter den Sternen legte ich mich wieder hin, denn um halb Sieben würde dann die Morgendämmerung anfangen…

Ein ständiger Wechsel des Lichts in der Morgendämmerung. Es hatte deutlich weniger Leute, die dem Schauspiel beiwohnen wollten.

Der Alpstein mit Säntis in diesem typischen, goldenen Morgenlicht.

Sonnenaufgang über dem Berggasthaus Schäfler.

Die ersten Sonnenstrahlen erreichen die Altenalp.

Aber jetzt zurück ins Gasthaus. In einer halben Stunde muss ich das Zimmer geräumt haben.

Aussicht aus meinem Zimmer. Ich hatte ein 4-Bett-Zimmer zur Alleinnutzung zugeteilt bekommen, so störte ich mit meinem Geläuf die andern Gäste nicht. Andererseits hatte ich selbst nicht wirklich viel vom Zimmer, ich war gefühlt mehr draussen.

Abschied vom Schäfler. Mein Zimmer war im obersten Stock in der Mitte.

Na ja, einmal mehr habe ich zwar ein astronomisches Phänomen verpasst (Finsternisse, Transits, Planetenreihen, Polarlichter…), aber bin ich deswegen niedergeschlagen? Keineswegs! Die Zeit auf dem Schäfler war ein durchgehendes Highlight. Und ich habe sicher nicht das letztemal da übernachtet.