Wie fliegen – nur schöner – Michael Schatzmann Fotografie

Die Überschrift stammt vom Tourenportal des SAC. Sie ist nicht per se falsch, aber vermutlich von jemandem verfasst worden, der noch nie die Gelegenheit hatte, zu fliegen. Ungeachtet dessen ist die Marwees-Überchreitung eine Gratwanderung, die alles beinhaltet, was man sich so vorstellt.

Steile Aufstiege, schmale Pfade mit teilweise senkrecht abfallenden Flanken, halbe Kletterstellen und eine wundervolle Aus- und Fernsicht. Die Klassifizierung als Alpinwanderweg (weiss-blau-weiss) ist durchaus berechtigt. Ob es wirklich eine gute Idee sein würde, am voraussichtlich heissesten Tag des Jahres eine derart exponierte Tour zu absolvieren, sollte sich zeigen. Die Höhe von rund 2’000 m war kein Garant für kühlere Temperaturen. Aber das war auch für meine Nichte Maja kein Thema, sie sagte sofort zu. Pascal konnte nicht mitkommen, seine Mannschaft hatte die nächste Cup-Runde im Unihockey erreicht und er würde sich in einer stickigen Halle quälen müssen…

Natürlich wäre ein früherer Start besser gewesen, aber das war mit dem ÖV nicht möglich. Als wir um Viertel vor Acht in Wasserauen aus der Appenzeller Bahn stiegen, präsentierte sich der Marwees-Grat in seiner ganzen Pracht inklusive untergehendem Mond. Aufsteigen werden wir links über die Bogartenlücke (mit dem Bogartenmannli), dann dem Grat folgen und rechts zur Meglisalp absteigen, bevor wir dann über den Schrennenweg wieder den Ausgangspunkt erreichen werden.

Die Bogartenlücke mit dem Bogarten-Mannli war schnell erreicht.

Aber damit war ja erst eine Etappe geschafft. Für das nächste steile Wegstück mussten wir zuerst etwas absteigen.

Schon wieder auf der Höhe der Bogartenlücke. Mit tollem Blick auf Sämtisersee und Hohen Kasten.

Bollenwees aus anderer Perspektive, dahinter die Saxerlücke.

Auf dem Grat angekommen. Vor zweieinviertel Stunden sind wir beim grossen Parkplatz in Wasserauen losmarschiert. Blick ins Appenzellerland, St. Gallen, Bodensee und das Rheineck.

Maja auf den letzten Metern zum Punkt 1’991, der mit «Marwees» angeschrieben ist, obwohl die eigentliche Spitze noch ein ganzes Stück davon entfernt ist (und normalerweise auch ausgelassen wird). Links der Altmann und Rotsteinpass, der Säntis rechts ist verdeckt. Aber noch immer steht der Mond am Himmel.

So alleine, wie es aussieht, waren wir dann schon nicht unterwegs. Aber auf derartigen Pfaden hat es naturgemäss etwas weniger Verkehr und die mögliche Hitze hielt allenfalls auch noch einige Leute ab. Unsere Befürchtung, auf diesem Grat von der gnadenlosen Sonne grilliert zu werden, bestätigte sich nicht: Ein mässiger, sehr angenehmer Wind sorgte für entsprechende Kühlung.

Herrliche Sicht zum Hohen Kasten und Sämtisersee, links die Alp Sigl, hinten Vorarlberg.

Der Weg war bisher teilweise steil, etwas ausgesetzt, aber sonst nicht besonders anspruchsvoll. Wie auf jedem Gratweg muss man sich auf den jeweils nächsten Schritt konzerntrieren, «Hanns Guck-in-die-Luft» geht da nicht.

Was für ein Panorama: Fählentürm, Altmann, Rotsteinpass, Lisengrat und Säntis im Blick auf dem Gratweg Richtung Widderalpsattel. Marwees ist der grüne Gipfel geradeaus.

Ich hatte mir eine bessere Aussicht auf den Seealpsee gewünscht, aber perspektivisch kommt so etwas dem Fliegen natürlich schon nah…

Maja in der Schlüsselstelle. Sie berechtigt die Klassifizierung als Alpin-Wanderweg.

Spektakulärer Blick zurück auf die Schlüsselstelle.

Somit hatten wir den schwierigen Teil hinter uns gebracht. Inzwischen ging es gegen Mittag zu, der Wind hatte etwas abgeflacht und es wurde nun richtig heiss.

Im Abstieg zur Meglisalp vor grossartiger Kulisse.

Der «Klassiker». Rund dreineinhalb Stunden nach dem Start in Wasserauen erreichten wir das Zwischenziel.

Das erstemal in der umgebauten Meglisalp. Ein Traumangebot an Appenzeller Bieren in Selbstbedienung.

Die geteerte Strasse nach Wasserauen wollten wir uns nicht antun und so machten uns über den Schrennenweg auf den Abstieg.

Auf einen Badeplausch im Seealpsee verzichteten wir.

Inzwischen war die Hitze grenzwertig geworden. Wir schwitzten beim Abstieg mehr als beim Aufstieg und mussten uns kurz vor der Abfahrt in Wasserauen noch einmal «Flüssigkeit zuführen». Schliesslich hatte ich an diesem Tag über sieben (!) Liter Wasser, Weizenbier und Tee getrunken (nur ein halber Liter davon mit Alkohol).

Ein wunderbarer Tourentag mit Maja, aber die 1’350 Abstiegsmeter werden wohl noch etwas «nachhallen».